
La Suprema - FIFF, die Krönung
Das erste Mal habe ich dieses Jahr das Filmfestival Fribourg FIFF besucht. Eine Premiere war auch mein Mitwirken in der ökumenischen Filmjury und zudem noch als deren Präsident. Wir waren ein Team aus vier Mitgliedern: Julie Lagarrigue und Anne-Cécile Antoni aus Frankreich, Renata Werlen und ich aus der Schweiz. Wir haben insgesamt zwölf Filme im internationalen Wettbewerb visioniert und jeden einzelnen eingehend besprochen. Es galt die Filme nach unseren ökumenischen Kriterien zu bewerten. Am Schluss hatten wir noch drei Filme in der engeren Auswahl.
Wir haben uns am Ende für den Film «La Suprema» von Felipe Holguín Caro aus Kolumbien entschieden. Wir waren von der schlichten Einfachheit und Anmut dieses hoffnungsvollen Films berührt. Die schwierigen materiellen Bedingungen der Dorfgemeinschaft beeinträchtigen weder ihre Solidarität noch ihre Freude am Dasein. Der Film, der von einer berührenden Musik getragen wird, ist ganz und gar eine Feier des Lebens. Der Film entspricht den Kriterien der ökumenischen Jury und passt gut zu den Sponsoren des Preises: HEKS und Fastenaktion.
Weitere Filme haben mich berührt: «Yellow Bus» von Wendy Bednarz spielt in Katar. Einer Einwandererfamilie aus Indien geschieht ein schwerer Schicksalsschlag. Es geht um Wahrheit, Schuld und Wege zur Versöhnung, aber auch um Überforderung in einer ausweglosen Situation. Religion und Kultur werden in Frage gestellt.
«Inshallah a Boy» von Amjad Al Rasheed thematisiert die Ungerechtigkeiten, die einer alleinerziehenden Frau in Jordanien durch patriarchale Gesetze ausgesetzt ist. Dieser Film erhielt auch den Critic's Choice Award.
Persönlich hat mir der chinesische Film «Day Tripper» von Chen Yanqi sehr gefallen. Durch seine strenge Form und auch durch den feinen, Humor, der einem manchmal im Halse steckenbleibt, sticht der Film heraus. So ist der Film eine feine Kritik an der getakteten Wirklichkeit Chinas, die wenig, bis keine Freiheiten zulässt. Dieser Film bekam zu Recht den grossen Preis.
Gemeinsame Essen, Apéros und besonders der Ausflug nach Gruyères ins HR Giger-Museum und zum Fondue zusammen mit den anderen Jurys und Filmleuten brachten einige interessante Kontakte. Mit Autoren von Kurzfilmen aus Nepal resp. Bangladesch konnte ich längere Zeit reden. Ich hoffe bei einer meiner nächsten Asienreisen den Einladungen nachkommen zu können.
Neben dem Wettbewerb und den Jury- und Festivalaktivitäten blieb wenig Zeit noch andere Filme anzuschauen. Immerhin habe ich noch zwei Serien von Kurzfilmen anschauen können. Beeindruckt hat mich besonders der Film «Mrs. Iran’s Husband» von Marjan Khosravi. In diesem halbstündigen iranischen Dokumentarfilm reden die zwei Ehefrauen von Herrn Sultan ganz ungezwungen über ihr Leben mit ihrem Mann und ihren zusammen elf Kindern. Das ist ein Eintauchen in eine vermeidlich vergangene Zeit.
Der Blockbuster «Dune», der in Fribourgs Arena-Kinos während der ganzen Zeit ebenfalls gezeigt wurde, hat mich enttäuscht. Ausser der teuren und aufwändigen Machart des Films blieb sowohl die Handlung, die Dialoge, als auch die schauspielerische Leistung der Figuren hinter all den anderen Filmen zurück. Leider hatte ich keine Zeit die Filme der Schwerpunke "Hip Hop" oder "Nordmazedonien" zu sehen.
Beim Abschlussfilm «Memory» des Mexikaners Michel Franco, der im herbstlichen New York spielt, ging es um eine traumatisierte Frau, die sich um einen Mann mit Demenz kümmert und sich in ihn verliebt.
Das FIFF 2024 bleibt mir in bester Erinnerung, ganz besonders durch den freundschaftlichen Austausch innerhalb der Jury, durch die unübertreffliche Gastfreundschaft des Festivals und nicht zuletzt durch die eindrücklichen und starken Filme.
Peter Dietz
