Der Moment der schwarzen Leinwand

Der Moment der schwarzen Leinwand

FFFH 2022 – von Christa Miranda – Jury Prix Célestine

Sechs Filme in vier Festivaltagen, und am Schluss muss es einen Sieger geben. So lautete die Aufgabe der Jury an dieser 18. Ausgabe des Festival du Film Francais d‘Helvétie. Das könnte „une belle course“ werden, eine schöne Reise. Der vierköpfigen Jury erging es ähnlich wie den Protagonisten im gleichnamigen Film von Christian Carion: die Fahrt war schön, aber nicht ganz so einfach.   

Einfach war der Weg zu unseren stets gleichen, reservierten Plätzen im Kino REX - ein Privileg im meist gut gefüllten Saal. Nachdem die  Regisseur:innen - manchmal etwas ausschweifend – vorgestellt wurden und der Festivaltrailer, den wir bald auswendig singen konnten, gelaufen war, kam der schönste Moment: Der Augenblick der schwarzen Leinwand. Es war der Moment eines grossen Versprechens, dass wir gleich jenen Film zu sehen bekommen würden, der alle anderen überragt. Um es vorweg zu nehmen: das Versprechen wurde nicht eingelöst. Aber wir haben sehr eindrückliche Filme gesehen.


Für den Prix Célestine waren folgenden Filme nominiert: 
-    Le sixième enfant von Léopold Legrand
-    Une belle course von Christian Carion
-    Couleurs de l’incendie von Clovis Cornillac
-    Simone Veil, le voyage du siècle von Olivier Dahan
-    La dérive ces continents von Lionel Baier
-    Annie Colère von Blandine Lenoir

Zwischen den Kinobesuchen blieb Zeit, um die anderen Jurymitglieder kennen zu lernen. Wir spazierten durch die Bieler Altstadt und liessen uns im Haus von Brigitte und Stefan Affolter kulinarisch verwöhnen: ein grosses Merci!

Die Filme an diesem noch jungen Festival waren inspirierend und vielfältig, in sie einzutauchen hat grossen Spass gemacht. Aber eintauchen reichte nicht. Die Jury musste eine Entscheidung treffen, und die verlangt nach einem verbindlichen Urteil.  Wir diskutierten über künstlerische und inhaltliche Kriterien, suchten nach sachlichen Argumenten für unsere Bauchgefühle. Wir bemühten uns, die Filme an ihrem Anspruch und ihrem Genre zu messen. Die harte Frage war jedes Mal: was will uns der Regisseur oder die Autorin sagen? Nicht immer waren wir uns einig, und das war gut so.

Den Preis bekam dann nicht „Une belle course“, sondern „Le sixième enfant“ von Léopold Legrand. Darin wird der unbedingte Kinderwunsch einer Anwältin mit der ungewollten Schwangerschaft einer Mutter von fünf Kindern verknüpft. Für dieses Werk fiel es uns leicht, den Schlüsselsatz zu finden. Am Höhepunkt der Geschichte sagt die eine Hauptprotagonistin: „Ich hätte töten können für ein Kind, also erschien mir ein Kauf die bessere Lösung“.

Bildnachweis: © FFFH - Guillaume Perret

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